Die Olive in der Antike 

 

Die Begriffe „Mittelmeer“, „Olive“ und „griechisches Olivenöl“ sind seit der Antike eng miteinander verbunden. „Die Vorstellung vom Mittelmeer beginnt dort, wo die ersten Olivenbäume blühen und endet dort, wo die ersten Palmenwälder den afrikanischen Kontinent begrenzen“ – so die Aussage von Historikern, welche sich mit dem Mittelmeerraum beschäftigt haben.

Für die Ernährung reichte das Sammeln der der Früchte von wild wachsenden Olivenbäumen in der prähistorischen Zeit nicht aus. Aus diesem Grund begannen die Menschen systematisch Olivenbäume anzubauen. Daraus wurden im Laufe der Jahre dann richtige Olivenhaine. Der früheste gezielte Anbau von Olivenbäumen zum Zweck der Ölgewinnung wird auf Kreta in der Zeit um 3500 v. Chr. vermutet. Auf dem griechischen Festland seit ca. 1600 v. Chr. Die ältesten Tafel-Oliven der Welt (3.500 Jahre) wurden in einem Brunnen in Zakros auf Kreta gefunden. Wahrscheinlich waren sie die Opfergabe eines Priesters an die unterirdischen Gottheiten.

In Griechenland war der Olivenbaum heilig und wurde daher sehr oft abgebildet: auf Mauern, Schreinen, auf Tongefässen wie auch auf linearen A- und B-Tafeln. Man hat viele Kränze und so manchen Talisman gefunden, auf denen Oliven abgebildet waren. Während des archaischen Zeitalters beginnt die Kultivierung des Olivenbaums zu florieren und in Athen, dem wirtschaftlichen Zentrum Hellas in dieser Zeit, führte die Verehrung des Olivenbaumes sogar dazu, dass er durch Gesetze geschützt wurde und es strafbar war, einen Baum auszugraben oder gar zu fällen. Später führte Griechenlands Bedarf an Öl, welches durch Anbau gewonnen werden konnte, in ferne Länder und zur Gründung von Kolonien. Zusammen mit ihren Gottheiten und deren Verehrung brachten die Griechen ihrer neue Heimat sowohl den Olivenbaum als auch ihre Kenntnisse über Anbau und Ernte. Vor den Griechen gab es z.B. im Portugal keine Oliven- und dadurch auch kein Olivenöl. Die Portugiesen „konsumierten Butter und rieben ihre Körper damit ein“.

Griechische Athleten verwendeten Olivenöl als Reinigungsmittel nach dem Training. Sie rieben sich damit ein, um sich dann mit einen Strigil (einem Gerät zum Abkratzen) zu säubern. Staub und Schweiss blieb so am Öl kleben und liess sich so gut entfernen. Ausserdem war der Preis für den Sieger athletischer Wettbewerbe oft ein grosser Topf gefüllt mit griechischem Olivenöl. Dies zeigt, dass die Athleten sehr grosse Mengen des Öls besitzen mussten, weil es unentbehrlich für sie war, vor allem in Zeiten schlechter Ernten.

Der Olivenbaum hat auch einen religiösen Charakter: Er war nicht nur ein Symbol der Göttin Athene, er sondern versorgte die Menschen auch sonst mit einer grossen Anzahl von „Zubehör“: Olivenzweige hatten eine sehr grosse symbolische Macht in dieser Zeit.

Wenn z.B. ein Krimineller einen solchen Zweig bei sich trug und um Asyl in einem Tempel bat, wurde er dann von Priestern versorgt und beschützt. Mehr noch: Olivenöl galt als die heiligste und wertvollste Gabe an die Götter. Bis heute besteht diese Sitte in Form von Olivenöllampen, die in fast allen griechisch-orthodoxen Häusern zu finden sind. Ausserdem wurde Olivenöl immer als das wichtigste Instrument für eine Weihung gesehen. In früheren Zeiten salbte der Gläubige ein Objekt mit Olivenöl und von da an galt es als heilig.

In den Kriegen des Altertums wurden vom Feind als erstes die Olivenhaine zerstört. Ein kleiner Olivenbaum braucht viele Jahre, bis er Früchte trägt. Dies bedeutete, dass der Wideranbau zerstörter Haine für viele Familien, die vom Olivenbaum abhängig waren, den Tod bedeuten konnte. Darum versuchten die Familien, soviel Öl als möglich zu lagern, mehr als sie unbedingt jährlich benötigten.

 

 

Die römischen und byzantinischen Zeitalter 

 

Im römischen Zeitalter bemühte sich die Regierung sicherzustellen, dass die erzeugten Mengen an Olivenöl im ganzen Reich verteilt wurden. Der Handel mit Olivenöl florierte, hauptsächlich weil es auch in Gebiete geliefert wurde, die selbst keines produzierten. Ausserdem gab es kaum eine Speise welche nicht mit Olivenöl zubereitet wurde. In der byzantinischen Periode, besonders in Konstantinopel, wurden riesige Mengen an Olivenöl für die nächtliche Beleuchtung der Stadt. Innerhalb des Palastes gab es einen Raum mit dem Namen „Das Haus des Lichtes“. Er war Tag und Nacht hell erleuchtet und diente der Transaktion von Geschäften. Der Bedarf von Olivenöl wurde von grossen Klöstern mit riesigen Olivenhainen gedeckt. Während dieser Zeit vergötterten die Menschen in den Gebieten, in denen es nicht möglich war, grosse Olivenhaine zu kultivieren und wo somit die Erträge dürftig waren, den Olivenbaum und die Götter, denen sie ihn verdankten, geradezu übermächtig. Sie pflückten die Oliven mit der Hand vom Baum, um diesen nicht zu schlagen, weil dies ein Akt der Gotteslästerung gewesen wäre. Die Menschen, die für den Anbau verantwortlich waren, mussten so rein und sauber sein wie der Baum selbst. Vor der Ernte wurden spezielle Reinigungsrituale wie z.B. die Abstinenz von körperlichen Freuden, Fasten usw. durchgeführt.

 

 

Die Zeit der Besatzung durch die Türken 

 

Während der türkischen Besatzung wurden riesige Mengen Olivenöl als Basis für die Herstellung von Seife in europäische Länder exportiert. Die grösste Menge an Öl wurde nach Marseilles verkauft, welches sich zu einem Zentrum der Seifenindustrie entwickelt hatte. Die griechischen Regionen, in denen das meiste Olivenöl produziert wurde, waren Kreta mit ca. 4‘480 Tonnen und der Peloponnes.

Der Preis von Olivenöl in den nördlichen Regionen Griechenlands, in denen kein Öl hergestellt wurde, war sehr hoch. Für Leute mit einem kleinen Einkommen unerschwinglich. Diese Menschen kauften sehr kleine Mengen und verwendeten das Olivenöl für medizinische Zwecke, zum Kochen und zum Einreiben. Während der ersten Jahre des griechischen Unabhängigkeitskrieges beschlagnahmte der ägyptische Gouverneur Kretas, Mohamed Ali, den grössten Teil der Olivenölproduktion. Was er zusammenbrachte, schickte er nach Ägypten. Um die totale Kontrolle über die Produktion der Insel zu erlangen, überwachte er alle Fabriken und postierte vor ihnen bewaffnete Soldaten mit der Weisung, den grössten Teil des Olivenöls, das Kernöl und sogar den Kernextrakt selbst (!) zurück zu behalten. Während der griechischen Revolution von 1821 bestand die Taktik der türkischen Streitkräfte darin, die Situation der Revolutionäre, ihren Kampf durchzuhalten, noch zu verschlimmern. Die gängigste Methode bestand darin, die griechischen Olivenhaine in Brand zu stecken. Besonders auf Kreta blieben die Bäume, die den Flammen entgangen waren, weiterhin unbestellt, weil die Kriegssituation eine sorgfältige Pflege nicht zuliess. So litten die Menschen schwer unter dem Verlust ihrer Bäume und ihres Öls. Ein tragischer Zustand, wenn man bedenkt, dass nicht nur der Lebensunterhalt fehlte, sondern die pure Existenz der Inselbevölkerung vom Olivenöl abhing.

 

 

Die Olive und das Olivenöl heute 

 

Obwohl die Griechen viele Gewohnheiten Westeuropas bezüglich Kleidung, Kultur und Ernährung während des vergangenen Jahrhunderts übernommen haben, ist es erstaunlich, dass alles, was das Olivenöl betrifft, diesen Entwicklungen nicht nur widerstand, sondern das einzige griechische Element ist, das sich gegen den Rest Europas durchsetzen konnte. Der ständig wachsende Trend zur kretischen Ernährung, die jetzt aus offensichtlich politisch-ökonomischen Gründen „mediterrane Ernährung“ heisst, begann in den vergangenen Jahrzehnten und gewinnt nun weltweit an Bedeutung – Jahr um Jahr. Statistiken zufolge steigt der Verzehr an Olivenöl in Europa wie auch dem Rest der Welt ständig an. Die Bevölkerungen von Ländern, in den traditionell tierische Fette verwendet wurden, haben den Ernährungswert von Olivenöl erkannt und ihre Ernährungsgewohnten über die Jahre verändert. Diese Tatsache hat sehr positive psychologische und ökonomische Auswirkungen auf die produzierenden Länder.